Die Meinungs- und Versammlungsfreiheit und die damit einhergehende Demonstrationsfreiheit wird in Deutschland grundrechtlich geschützt. Damit verbunden ist die Möglichkeit, sich öffentlich und friedlich unter freiem Himmel zu versammeln und dabei gemeinsam private oder öffentliche Angelegenheiten zu erörtern, Informationen auszutauschen, Meinungen vorzustellen. Ein Grundrecht, das als eine wichtige Rahmenbedingung für die Ausübung der Tätigkeiten von Information Professionals einzuschätzen ist. Umso erstaunlicher die Vorgänge, die man Mitte Mai 2012 während der Blockupy-Veranstaltungen in Frankfurt am Main, dem Sitz der DGI-Geschäftsstelle, beobachten konnte.
Innerhalb der Stadtgrenzen von Frankfurt wurde hierzu im Vorfeld ein allgemeines Verbot für Versammlungen verhängt. Das Recht auf Versammlung und öffentliche Meinungsäusserung wurde damit für einen definierten Zeitraum und Ort in Deutschland ausser Kraft gesetzt. Jede Person, Gruppe oder Aktivität, die sich auf dieses Recht berufen wollte, richtete sich ab sofort gegen die Interessen der gesetzestreuen Öffentlichkeit, war also ungesetzlich, d. h. kriminalisiert.
Im Zusammenhang mit den Blockupy-Veranstaltungen wurde eine erhebliche Gewalt- und Zerstörungsbereitschaft der Demonstrationsteilnehmer erwartet. Diese Bereitschaft wurde vorab von Sicherheitskräften, Behörden und insbesondere den Informationsmedien durch eine breit gefächerte Berichterstattung skizziert und der Öffentlichkeit angekündigt.
Als sichtbare Maßnahmen gegen die erwartete Gewaltbereitschaft sperrten Polizei und Ordnungskräfte weite Teile der Innenstadt von Frankfurt für den Verkehr, öffentliche Bahnen und Busse hielten tagelang nicht an einzelnen Haltestellen, Taxis fuhren nicht, die Universität Frankfurt schloss für mehrere Tage alle Gebäude, der Autoverkehr in Richtung Stadtzentrum wurde durch teilweise schwer bewaffnete Ordnungskräfte kontrolliert und reguliert, die Hausverwaltungen der Bankenhochhäuser im Zentrum rieten den Angestellten, aus Sicherheitsgründen frühzeitig nach Hause zu gehen. Alle Maßnahmen wurden jeweils mit zu erwartenden Ausschreitungen im Zusammenhang mit den Blockupy-Veranstaltungen begründet.
Schlussendlich ist die genehmigte Großdemonstration in Frankfurt ohne das angekündigte Gewaltszenario verlaufen. Wie sehr der erwartete Gewaltexzess die Berichterstattung dominierte, war an der zuweilen überrascht klingenden, primären Aussage vieler Medienberichte erkennbar, nämlich “dass alles friedlich verlief”. Die eigentlichen Anlässe, Inhalte und Aussagen der Blockupy-Veranstaltung standen bei dieser Berichterstattung zumeist erst an zweiter Stelle.
Folgender Mechanismus ließ sich also beobachten:
Zunächst wurden sonst legale Formen der Auseinandersetzung und Meinungsäusserung verboten und kriminalisiert. Dann wurde der Fokus der öffentlichen Diskussion durch ein Informations- und Maßnahmenpaket weggelenkt von den ursprünglichen Inhalten und Informationen der Blockupy-Veranstalter. In Presse, Öffentlichkeit und privaten Gesprächen wurde im Fall Blockupy Frankfurt nicht über die Aussagen und Informationen der Demonstranten zur aktuellen Politik und Wirtschaft diskutiert, sondern über die kriminellen Krawallmacher, die das Frankfurter Bankenviertel lahm legen wollten.
Bleibt zu hoffen, dass die hier sichtbar gewordenen Rollen der beteiligten Institutionen und Organisationen nicht nur den Information Professionals („Competence in Content“) auffallen und sie zu aufmerksamer Beobachtung vergleichbarer Vorgänge anspornen.