Von Reinhard Karger
Die Sharing Economy ist nicht nur ein Spleen vereinzelter Geschäftsmodelle wie Uber oder Airbnb. Sie hat Auswirkungen auf die ganze Gesellschaft,
Teilen ist keine Erfindung der Neuzeit, das Gemeinschaftliche nicht neu. Die Allmende, der Dorfacker und dessen gemeinsame Verwaltung und Nutzung waren über Jahrhunderte üblich. Jetzt befinden wir uns in der „Sharing Economy“. Einige Angebote sind bemerkenswert erfolgreich. Die bekannteren sind Airbnb – die Vermittlung von privaten Übernachtungsmöglichkeiten – und Uber – die Vermittlung von privaten innerstädtischen Fahrten. Sie adressieren die Wurzeln der alternativen Szene, bieten sehr gute Services an, sind aber mutiert zu Investitionsobjekten mit erstaunlicher Marktbewertung.
Mitfahrzentralen haben die gemeinschaftliche Mobilität unterstützt und die Fahrzeugauslastung verbessert, im Wesentlichen zwischen Städten, nicht innerstädtisch. Sie blieben aber über 50 Jahre eine Nische, führten nie zu Massenprotesten und hatten nie eine Milliardenbewertung. Der Hauptunterschied zu Uber liegt in der Motivation des Fahrers und dem Anlass für die Fahrt: Bei der Mitfahrgelegenheit hatte der Fahrer ein Ziel, der Mitfahrer beteiligte sich an den Kosten. Darum geht es bei Uber nicht, denn Uber eröffnet seiner Website zufolge Fahrern neue Geschäftsmodelle, und auch Airbnb wirbt mit Verdienstmöglichkeiten.
Damit agiert der Anbieter gewerblich, steht in Konkurrenz zu kommerziellen Anbietern und müsste folglich ein Gewerbe anmelden. Denn auch der Buchungskanal
Internet verändert nicht die gesetzlichen Regelungen der jeweiligen Dienstleistung. Es kann nicht sein, dass neue Anbieter die bestehenden Pflichten zum Beispiel für die Beherbergung oder den Transport von Personen übergehen. Brandschutzverordnungen und Personenbeförderungsscheine sind entweder notwendig oder überflüssig.
Wenn die solidarische Seite des Teilens zu einem Geschäftsmodell mit einseitigen Profiten und offensichtlichen Gewinnern mutiert und einige wenige globale Plattformen einen neuen Markt kommerziell abschöpfen, gefährden sie den Erfolg eines gesellschaftlich wichtigen Konzepts.
Aus dem Heft: Innovationsmanager | Heft 32 | Dezember 2014