Die Aufzeichnungen der Vorträge finden Sie hier.
24. September 2015 |
Teilnehmergebühren Anmeldung Flyer |
14:00 Uhr | Begrüßung/Grußworte Reinhard Karger, DGI Wolfgang Löw, AKI Magdeburg Klemens Gutmann, regiocom Prof. Dr. Matthias Ballod, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg |
14:30 – 15:30 Uhr | Prof. Dr. Rainer Kuhlen Informationsethische, -rechtliche, -ökonomische und -politische Aspekte von Privatheit in elektronischen Räumen Zusammenfassung: Das dominierende Verständnis von Privatheit bzw. die darauf abzielenden Regulierungsformen stellen die Kontrolle über die eigenen persönlichen Daten in den Vordergrund. Das gilt sowohl für die klassische Bestimmung von Privatheit/privacy als „right to be let alone“, als auch für die durch das BVerfG festgelegte Definition von Privatheit als informationelle Selbstbestimmung – interpretiert i.d.R. als Recht und Fähigkeit das Ausmaß der Nutzung der eigenen Daten kontrollieren zu können. Das entsprechende „informed consent model“ (ICM) geht von dem mündigen Bürger aus, der auch das Recht hat, einen Teil seiner persönlichen Daten an Dritte zu deren Verwendung abzugeben. Das geschieht meistens durch die Annahme der jeweiligen „Internet privacy policies“ des Drittnutzers. In der komplexen Informationswelt des Internet ist es aber schlichtweg nicht mehr möglich, individuelle Privatheit im Sinne einer autonomen Verfügung/Selbstbestimmung durch eigene Initiative zu sichern. Das gilt nicht zuletzt auch dadurch, dass durch die Annahme der Bedingungen einer „Internet privacy policy“ durch eine Person A weitere Personen betroffen sind, die z.B. in einem Bild mit vorkommen und die zum einen von dieser Nutzung durch Dritte gar nichts erfahren, geschweige denn ihr zugestimmt hätten. Sich gegen die Formen direkter oder indirekter Privatheitsverletzung zu wehren, ist daher trotz vieler Privatheitszusicherungen der Anbieter so gut wie unmöglich, auch bei einem extrem hohen Kostenaufwand (Zeit). Privatheit kann daher nicht alleine als individuelles Recht und als individuelle Herausforderung angesehen werden, sondern ist vielmehr ein soziales Phänomen und die Sicherung vor allem der negativen Folgen von Privatverletzungen („negative privacy externalities“ im Sinne von MacCarthy) eine Herausforderung an verschiedene Regulierungsinstanzen. Im Vortrag werden die vier Regulierungsinstanzen Normen/Ethik, Recht, Markt, Technologie darauf hin untersucht, auf welche Weise und mit welchen Folgen diese Instanzen zur Eindämmung der direkten und indirekten Verletzung von Privatheit durch Dritte beitragen. |
15:30 – 16:30 Uhr | Dr. Michael Weber IT-Systeme für Industrie 4.0 – die aktuelle Forschungsförderung des BMBF Zusammenfassung: Die aktuelle technologische Entwicklung der Produktion wird häufig mit dem Schlagwort „Industrie 4.0“ versehen, um sie als disruptiv im Sinne einer weiteren technischen Revolution zu charakterisieren. In erster Linie werden die damit verbundenen Herausforderungen bezüglich Produktivität, Qualität und Zuverlässigkeit an Industrieunternehmen sowie deren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gestellt. Sie lassen sich jedoch nur mit IT-Systemen annehmen, die aktuelle und künftige Anforderungen optimal erfüllen. Die aktuelle Forschungsförderung des BMBF im Bereich der IT-Systeme für Industrie 4.0 versucht sowohl kurzfristig notwendige Forschung an dringend benötigten Softwaresystemen zu unterstützen als auch längerfristig auf Standortsicherung orientierte konzeptionelle Forschung zu initiieren. Dabei spielen derzeit modellbasierte Softwareentwicklung, effiziente Systemarchitekturen sowie zukunftsfähige Teilsysteme eine große Rolle. Der Vortrag wird die vom BMBF geförderte Forschung im Bereich IT-Systeme für Industrie 4.0 darstellen. |
16:30 -16:45 Uhr | Kaffeepause |
16:45 –17:45 Uhr | Peter Schaar Informationelle Selbstbestimmung in einem digitalisierten Alltag Zusammenfassung: Unter dem Stichwort „Internet of Things“ schreitet die Digitalisierung unseres Alltags voran. Die „smarte“ Produktion führt zu „intelligenten“ Produkten, die zunehmend in digitale Geschäftsmodelle integriert werden. Dabei werden massenhaft Daten erzeugt, viele davon mit Personenbezug. Angesichts des exponentiell zunehmenden Datenvolumens, aber auch durch die daraus abgeleiteten Denkmodelle wie „Big Data“ geraten die datenschutzrechtlichen Grundsätze der Erforderlichkeit und der Zweckbindung unter Druck. Das Konzept der informationellen Selbstbestimmung kann allein durch gesetzliche Verbote und Erlaubnisse nicht mehr gewährleistet werden. An Bedeutung gewinnen technologische Datenschutzkonzepte (Privacy by Design, Privacy by Default), die sich allerdings auch nur über rechtliche Vorgaben durchsetzen lassen. Datenschutz im 21. Jahrhundert muss sich von der isolierten Betrachtung des personenbezogenen Datums lösen und sich verstärkt systemischen Lösungen zuwenden, in denen technische und rechtliche Komponenten zusammenwirken. Techniken, die es den Menschen erleichtern, ihre Datensouveränität zurückzugewinnen, werden dabei eine zentrale Rolle spielen. |
ab 18:15 Uhr | Stadtführung (Selbstzahler) |
25. September 2015 |
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09:00 – 10:00 | Prof. Dr. Dr. Erich Schweighofer Legal Data Science: Datenanalyse im juristischen Umfeld Zusammenfassung: Die riesigen juristischen Textkorpora sind mit boolescher Suche nur mehr unzureichend beherrschbar. Daher bedarf es einer verstärkten Ergänzung der Texte mit Metadaten durch semi-automatische Analyse zur situativen Repräsentation der Inhalte. Die verschiedenen Methoden zur Analyse der rechtlichen Textkorpora sind in einem theoretischen Modell einer juristischen Datenanalyse systematisiert: Acht Ansichten: Textkorpus, Metadatensicht, Verweisungsnetzwerk, Nutzersicht, rechtslogische Sicht, rechtsontologische Sicht, Rechtsvisualisierung und Rechtsargumentationssicht; vier Methoden: textuelle Interpretation, Dokumentation und Suche, begriffliche und logische Analyse und verlinkter Sachverhalt sowie vier Synthesen: Kommentar bzw. Handbuch, Dynamischer Elektronischer Rechtskommentar (DynERK), Bürgerinformation und Einzelfall. Diese Strukturierung ermöglicht den effizienten Einsatz computergestützter Textanalyse und anderer Methoden der Artificial Intelligence für eine nutzerzentrierte Analyse der rechtlichen Textkorpora. Als Bezeichnung wird Rechtsdatalystik vorgeschlagen. |
10:00 – 11:00 | Jan-Martin Wiarda Zu schön, um wahr zu sein? Wissenschaftskommunikation zwischen Sachlichkeit, Euphorie und Skepsis Zusammenfassung: Inhalte statt Verpackung, Dialog statt Belehrung: Wissenschaftskommunikation ohne Jubel-PR, geht das überhaupt? Jan-Martin Wiarda, langjähriger ZEIT-Redakteur und Pressechef der Helmholtz-Gemeinschaft, berichtet von seinen Bemühungen, die Öffentlichkeitsarbeit einer großen Forschungsorganisation neu auszurichten. Wie unabhängig und (selbst-)kritisch kann abhängige Kommunikation tatsächlich sein? Und dient Wissenschaftskommunikation am Ende nicht doch dem immer gleichen Ziel: gesellschaftliche Akzeptanz für Forschung zu schaffen – und zwar für Forschung jedweder Art? |
11:00 – 11:30 | Kaffeepause |
11:30 – 12:30 | Georg Schnurer Selbst vermessen – fremd gesteuert? Konsequenzen der totalen Vernetzung Zusammenfassung: Wir leben in wahrlich tollen Zeiten: Nie war es so bequem wir heute, nie griffen uns so viele Geräte und technische Systeme unter die Arme. In allen Lebenslagen werden wir unterstützt: Fitness-Tracker und Smartwatch verhelfen uns nicht nur zu genügend Bewegung, sie überwachen auch unseren Schlaf und halten uns so gesund. Digitale Assistenten wie Siri, Cortana, Google Now, Alexa und Co. kennen unsere Wünsche, noch bevor wir sie formuliert haben. Unser Zuhause ist dank vernetzter Heimautomations- und Haushaltskomponenten nicht nur sicherer als je zuvor, es stellt sich auch vollautomatisch auf unsere Bedürfnisse ein. Smarte Systeme interagieren überall mit uns. Zudem erleben wir endlich das verschmelzen zweier Welten: Der realen und der virtuellen. Unser reales Leben spiegelt sich dank Periscope & Co direkt in der virtuellen Welt und dank Augumented Reality helfen uns Daten und Informationen aus der virtuellen Welt bei der Orientierung im Realen. Gleichzeitig ermöglichen 3D-Brillen wie etwa die Oculus Rift das reale Abtauchen in virtuelle Welten. Tolle Zeiten, nicht wahr? Doch welchen Preis zahlen wir heute und morgen für diesen Fortschritt? Was bleibt auf der Strecke? |
12:30 – 13:30 | Mittagspause |
13:30 – 14:30 | Markus Beckedahl Private Öffentlichkeit und intime Privatheit – von sozialen Netzwerken auf privaten Plattformen und intimen Daten für private Services Zusammenfassung: Früher hatten wir Öffentlichkeiten, die den Königen und Kaisern gehörten. Unsere Vorfahren haben sich sprichwörtlich kämpferisch den Öffentlichen Raum demokratisiert. Über Tee- und Kaffeehäuser, Tischgesellschaften und Kunstbegeisterte entstanden unsere heutigen Öffentlichkeiten. Diese spielen sich heute bereits zum großten Teil auf privaten Plattformen wie Facebook ab. Dort wiederum gelten jedoch die AGB von Facebook. Legen wir unsere hart erkämpften Privilegien einer demokratischen Öffentlichkeit bereitwillig in die Hände eines Konzerns? Oder weitergefragt: Geben wir unser sicher geglaubtes Privatleben und unsere demokratischen Grundrechte bereitwillig aus der Hand – hin zu privaten Unternehmen? Facebook ist ein Synonym für private Unternehmen, die nun die Chance sehen, ebenfalls in den Datenhandel einzusteigen. Gerade im Zuge der rasanten Entwicklung des Internets der Dinge! Hierbei reden wir nicht von den Googles und Amazons. Siemens, Bosch, AEG & Co es sind auch die Waschmaschinen, die zunehmend intelligent werden. Sie helfen uns beim Waschen, erkennen die Kleidung in der Waschmaschine und speichern Waschgewohnheiten. Diese Daten entstehen, sind vorhanden und fließen, um uns mit bequemen Services zu dienen. Doch dienen diese Services wirklich nur uns? |
14:30 – 15:30 | Jan Rähm Im Netz der Dinge – Wie die physische Welt smart wird Zusammenfassung: Das Internet der Dinge ist ein Konzept vernetzter Geräte. Der Theorie nach sollen im Internet der Dinge kleinste Maschinen, manchmal auch nur Sensoren miteinander kommunizieren und Informationen austauschen. Das Internet der Dinge soll zur Grundlage für die sogenannten smarten Dienste werden. Das sind unter anderem Smart Grids oder Smart Homes – intelligente Stromnetze und intelligente Häuser. Und auch die Industrie will sich und ihre Maschinen vernetzen – Stichwort: Industrie 4.0. Bereits seit Jahren arbeiten Wissenschaftler und Techniker daran, die Welt um uns herum zu vernetzen. Gerade in den vergangenen gut zwei Jahren konnten sie riesige Fortschritte machen. Denn zum Einen schrumpften komplette Computer auf die Größe einer Briefmarke und zum Anderen nahmen Regulierung und Wirtschaft Fahrt auf und fingen an, sich auf gemeinsame Standards zu einigen. Doch noch hat das „Internet der Dinge“ eine langen Weg vor sich, bevor es endgültig Alltag geworden ist. Offen ist, wie wir Ängsten um wegfallende Arbeitsplätze begegnen. Wer wird Nutznießer der Automatisierungsdividende sein? Stehen wir vor‘m Maschinensturm 4.0? Oder wird die zunehmende Automatisierung und mehr Zeit und Raum für Kreativität und Leben schaffen? Auch zwei weitere Aspekte werden wohl über Erfolg und Misserfolg bestimmen: Die Sicherheit und die Vertraulichkeit der Technik. Denn wo Millionen und Abermillionen Systeme miteinander vernetzt sind, eröffnen sich auch völlig neue Angriffsziele und Begehrlichkeiten für Spionage und Sabotage, für Kriminelle und Geheimdienste. |
15:30 – 16:30 | Prof. Dr. Manfred Schneider Untrue Fiction: kurze Geschichte der Transparenzversprechen Zusammenfassung: Keine westliche Regierung, kein Unternehmen, keine politische Institution kann es sich gegenwärtig leisten, ohne Transparenzversprechen aufzutreten. Wenn überhaupt können sie Informationen in Aussicht stellen. Das Wort Transparenz, das seit gut 20 Jahren eine ungeheure Karriere im politischen Diskurs erlebt hat, ist eine Metapher. Das Bild suggeriert, dass sich vor den Augen der Beobachter eine reine durchsichtige, hindernislose Welt entfaltet, dass nunmehr der Einblick in Staatsgeheimnisse, in Unternehmensinterna, ja in die intime Welt der Menschen gewährt werde. Bisweilen scheint es so, als hätten Geheimdienste und Social Media einen solchen Durchblick längst erreicht. In einer solchen Lage ist es angebracht, daran zu erinnern, dass dieses Versprechen der Transparenz überhaupt die abendländische Geschichte begleitet. Bereits die Antike spielte mit dem Gedanken, dass eine völlige Durchsichtigkeit der Menschenherzen die Übel auf dieser Welt beseitigen könnte. Und seitdem arbeiten Kirchenmänner, Philosophen, Schriftsteller, politische Führer an der Verwirklichung dieses Versprechens, das im Kontext des Tagungsthemas nur paradox als „untrue fiction“ bezeichnet werden kann. Jeder weiß, dass es Transparenz nicht geben kann, jeder aber muss davon sprechen, es fordern, es anbieten: Wenn aber a l l e s gewusst wird, ist es kein Wissen mehr. |
16:30 – 17:00 | Kaffeepause |
17:00 – 18:00 | Prof. Dr. Dirk Lewandowski Perspektiven eines „Open Web Index“ Zusammenfassung: Zurzeit werden verschiedene Wege diskutiert, um das „Problem Google“ zu lösen. Vordergründig geht es dabei darum, Maßnahmen zu ergreifen, um Googles Monopol auf dem Suchmaschinenmarkt einzudämmen. Weitergehend geht es allerdings darum, wer zu welchen Bedingungen Zugriff auf die im Web verstreut vorliegenden Daten bekommt. Die bisherigen Vorschläge reichen dabei von einem schlichten Hoffen auf den Markt bis hin zur Forderung nach dem Aufbau einer öffentlich-rechtlichen Suchmaschine. Allerdings würde als Ergebnis stets nur ein weiterer Marktteilnehmer (oder bestenfalls ein paar wenige) entsteht. An diesem Punkt setzt die Idee des “Open Web Index” an: Der Index wird als eine Infrastrukturmaßnahme angesehen, die von allen zu fairen Bedingungen genutzt werden kann. Auf der Basis des Index kann dann eine Vielzahl von Diensten aufgebaut werden, darunter natürlich Suchmaschinen, aber auch jede andere Form von Dienst, der Web-Daten in großem Umfang benötigt.
Der Vortrag setzt sich mit den wirtschaftlichen und technischen Fragen eines solchen offenen Web-Index auseinander und berichtet von den Fortschritten der Initiative Open Web Index.
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ab 19:00:00 | Gesellschaftsabend des DGI-Forums |
26. September 2015 |
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09:00 – 10:00 | Reinhard Karger Smart Privacy, Smart Services, Smart Business: Informationsosmose, Künstliche Intelligenz und Industrie 4.0 Zusammenfassung: Ein Fokus der Informationswissenschaft liegt auf der Unterstützung der Wissensarbeit im beruflichen Kontext und konzentriert sich auf Research, Aggregation und Dokumentation, Auswahl oder Distribution. Ziel ist die passgenaue inhaltliche und terminliche Bereitstellung der relevanten Information im jeweiligen Arbeitskontext. Die industrielle Datenwirtschaft hat dieselbe Zielvorgabe, dieselbe methodische Ausrichtung – als Fundament aber die Verschmelzung der digitalen Datenwelt mit der realen Fabrik in echtzeitfähigen Unternehmenssoftwaresystemen. Industrie 4.0 verbindet Informationstechnologie und Produktionssteuerung bei Fertigung und Montage, verbindet Enterprise Resource Planing (ERP) und Manufacturing Execution Systems (MES) durch cyber-phyische Systeme als Anwendung des Internet der Dinge. Im nächsten Schritt werden die entstehenden Produkte als Smart Products mit Diensten veredelt. Untersucht wird, welche Services definiert werden und welche Geschäftsmodelle abgeleitet werden können durch die individuell konfigurierbaren Pakete aus Produkten, Dienstleistungen und Diensten. Smart Services im Zusammenhang mit dem Zukunftsprojekt Smart Service Welt beziehen sich auf Internet-basierte Dienste für die Wirtschaft – mit der Perspektive 2025 – als Vision für die Optimierung industrieller Prozesse. Smart Services umfassen und begleiten den gesamten Produktlebenszyklus über Entwicklung, Produktion, Wartung, Vertrieb, Marketing, Garantie, Reparatur und Recycling. Informationswissenschaftler können diese Prozesse analytisch und kreativ unterstützen und bei der Entwicklung und Implementierung der Smart Service Welt wichtige Impulse beisteuern. |
10:00 – 11:00 | Dr. Max Baumann Privatsphäre als ethische und liberale Herausforderung der digitalen Revolution Zusammenfassung: Es ist längst keine Neuigkeit mehr, dass die Privatsphäre im Zuge der Digitalisierung häufige und tiefgreifende Verletzungen erfährt. Weniger ausgeprägt ist bislang aber das Bewusstsein über die Folgen für Individuen und Gesellschaft: Die Rolle des Bürgers bzw. des Kunden gegenüber Staat und Unternehmen ändert sich; es entstehen neue Möglichkeiten, Individuen Schaden zuzufügen; die liberal-demokratischen Grundrechte wie Freiheit oder Diskriminierungsverbot, welche garantieren, dass das Individuum im Mittelpunkt der Gesellschaft steht, werden mehr oder weniger subtil unterlaufen. Diese Veränderungen rufen nach einer ethischen Reflexion. Es muss gefragt werden, wo Grenzen des normativ Zulässigen erreicht und bereits überschritten werden. Außerdem stellt sich die Frage nach den Schutzmöglichkeiten. Der Beitrag argumentiert hierbei, dass der politische Liberalismus Schwierigkeiten hat, angemessene Antworten auf die digitale Revolution zu finden. Das „Recht auf informationelle Selbstbestimmung“, das der Leitvorstellung autonomer Bürger folgt, gibt die Verantwortung für den Schutz der Privatsphäre den Individuen, überfordert sie damit aber. Ein Recht zu haben heißt jedoch auch, ein Recht auf eine bestimmte Organisation der Gesellschaft zu haben, welche das Recht schützt – dies gilt erst recht, wenn die Privatsphäre auch ein kollektives Gut ist. Eine interessante Begründungsmöglichkeit für die überfällige Regulierung der digitalen Ökonomie findet sich in der ethischen Theorie des „Gerechten Krieges“, die auch Grundlage jener liberalen völkerrechtlichen Prinzipien des Privatsphärenschutzes ist, welche die staatliche Massenüberwachung betreffen. |
11:00 – 11:30 | Kaffeepause |
11:30 – 12:30 | Gerd Antos Fake und Folgen. Thesen zum Problem der Entgrenzung von kommunikativen (Vertrauens-)Standard für die digitale Informationskultur Zusammenfassung: Wir haben uns kultur-evolutionär an Vermutungen, Gerüchte, Irrtum, Tarnung, Täuschung, Legenden oder Lügen gewöhnt. Und an z.B. künstlerische, fiktionale oder modale Alternativen zum sprachlichen Informieren wie Erzählen, Gleichnisse, Spaß, Spiel, Gesang, Bilder, Filme bis hin zu Karikaturen. Dass wir all diese Kommunikationsformen auseinanderhalten können, ist Resultat medialer und kultureller Differenzierungsleistungen. In der sprachlichen Kommunikation entscheidend ist z.B. die wechselseitige Unterstellung von so genannten Kommunikationsmaximen (Grice) wie Informativität, Wahrhaftigkeit, Relevanz und Klarheit ebenso wie die Möglichkeit, kooperativ erworbene „geteilte Intentionen“ (Tomasello) erkennen und mediale und soziale Kontrolle auszuüben zu können. Mit der vor allem in sozialen Netzwerken zu beobachtenden Erlebniskommunikation scheint sich nun aber eine Web-Kultur des digitalen Fake zu entwickeln. Spaß, Spiel, Spannung sowie kreative Inszenierungen und Irritationen aller Art führen zunehmend zu Imitation, Skandalisierung, Mobbing, Tarnung und Täuschung bis hin zu bekannten Formen der gezielten Desinformation. Dabei geht es um die Entgrenzung von fact and fiction nach dem Leitmotiv: „Alles ist möglich“ sowie um die Entgrenzung des Vertrauens in kommunikative Standards zugunsten von Kicks, Unterhaltung oder kommerziellen wie politischen Vorteilen. Anhand von Thesen soll auf Folgen einer sich unkontrolliert ausbreitenden Fake-Kultur für die Informationskultur aufmerksam gemacht werden. In einer repräsentativen Studie gaben kürzlich ca. 60 Prozent der Befragten an, sie hätten „wenig bis gar kein Vertrauen in die Medien“ (Die Zeit Nr. 26, 25.06.2015, S. 8). Was also, wenn das Vertrauen in digitale Informationen (auch von Maschinen) zukünftig sinken und damit die Funktionsfähigkeit des informierenden Internets durch kulturelle und medienspezifische Randbedingungen tangiert würde? |
12:30 – 13:30 | Abschlussdiskussion „Was dürfen und was müssen Information Professionals ent-decken?“ Wirtschaftliche Interessen und Persönlichkeitsrechte im Spiegel von Politik, Markt und individueller Verantwortung |
14:00 | Ende der Veranstaltung |
14:00 | interne Sitzung der DGI |
Programm Stand 21. September 2015 – Änderungen vorbehalten
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