Sprache steht im Zentrum aller Prozesse von Weltaneignung, Wissensvermittlung und kreativer Weiterentwicklung von Ideen und Konzepten – diese alte Erkenntnis erfährt derzeit eine neue Wendung durch die Entwicklung von Large Language Models, die die Frage nach Formen von Kreativität aufwerfen, die auf Wahrscheinlichkeitsmodellen und einer von ihnen abgeleiteten sprachlichen Kombinatorik beruhen.
Die Prozesse, die innerhalb des Modells zu bestimmten Ergebnissen führen, sind im Nachhinein nicht reproduzierbar – ein Umstand, der Quelle gleichermaßen für Faszination und Unbehagen ist. Doch die Debatte um KI-Systeme führt damit nur zugespitzt vor Augen, was für jeden wissenschaftlichen oder technischen Erkenntnisprozess gilt: Erst die Sprachkompetenz in der jeweiligen Fachsprache schafft Vertrauen in die Validität der Ergebnisse: Wer schon die Symbolsprache im Mathematikunterricht nicht als Repräsentation eines gedanklichen Prozesses versteht, wird auch den Kalkül nur mechanisch anwenden. Voraussetzung für das Erlangen von Informationskompetenz ist das Verstehen des Gesagten, Geschriebenen oder Dargestellten.
Doch wo die Wissenschaftstheorie die Idee von ‚zwei Kulturen‘, mit denen C.P. Snow einst provokant die geisteswissenschaftliche und die mathematisch-naturwissenschaftliche Welt als getrennte Sphären beschrieben hat, längst hinter sich gelassen hat, wirkt in der Schul- und Ausbildungspraxis die Unterscheidung von ‚sprachlichem Profil‘ und ‚MINT-Fächern‘ ebenso weiter wie die oft sogar räumliche Trennung von geistes- und naturwissenschaftlichem Campus. Und auch Dokumentationszentren, wissenschaftliche Bibliotheken und Archiven haben häufig eine Ausrichtung, mit der sie sich fachlich voneinander abgrenzen.
Die Tagung knüpft hier an, indem sie quer zu den Fachdisziplinen nach den sprachlich verfassten Verstehensprozessen in und zwischen den wissenschaftlichen, bewahrenden und vermittelnden Institutionen fragt. Mögliche Themenfelder der Vorträge sind:
mail@dgi-info.de